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26. März 2021

Verhandlungen gescheitert – und wie geht´s jetzt weiter?

Die Verhandlungen zwischen den maßgeblichen Verbänden sowie dem GKV-Spitzenverband (GKV-SV) endeten am 25. März 2021 erneut ohne Einigung. Wie geht es nun weiter? Die Verbände informieren zu den drängendsten Fragen rund um den neuen Bundesrahmenvertrag, die Vertragsverhandlungen, das Schiedsverfahren und mögliche weitere Schritte.

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[tb] Heute Abend informierten die Verbände über den Stand der Dinge. Für 20 Uhr wurde zudem ein Facebook Live angesetzt.

Wieso sind die Verhandlungen erneut gescheitert? Woran lag’s?

Die Verbände und der GKV-SV hätten sich zwar darauf geeinigt, in der neuen Leistungsbeschreibung den zeitlichen Aufwand für die Behandlung abzubilden, heißt es in der Meldung. Den Verbänden sei es dabei besonders wichtig gewesen, den Aufwand für die Vor- und Nachbereitung und die Dokumentation realistisch abzubilden, dem GKV-Spitzenverband seien Mindesttherapiezeiten wichtig gewesen. Im Anschluss an die Verhandlungen zur Leistungsbeschreibung habe sich der GKV-SV dann aber geweigert, die Preise entsprechend der neuen Leistungsbeschreibung anzupassen. Am Ende hätten Physiotherapeuten pro vertraglich vereinbarter Minute physiotherapeutischer Leistung jedoch weniger Geld bekommen als aktuell. Das hätten die Verbände natürlich nicht akzeptieren können.

Was hat der GKV-Spitzenverband konkret angeboten?

Um das zu erklären, holen die Verbände in ihrer Meldung ein wenig aus: Die Preisberechnung würde sich aus zwei Faktoren zusammensetzen:

  1. Vergütung pro Minute physiotherapeutischer Leistung und
  2. zeitlicher Aufwand, der für die Leistung in der Leistungsbeschreibung festgelegt wurde.

Im aktuell noch gültigen Vertrag seien das beispielsweise für die Position Krankengymnastik (die aktuell mit 21,11 Euro vergütet wird) 15 bis 25 Minuten. Das entspräche aktuell einem durchschnittlichen Minutenpreis von 1,06 Euro (21,11 Euro geteilt durch durchschnittlich 20 Minuten).

Während der Verhandlungen zum Bundesrahmenvertrag hätten sich die Verbände und der GKV-SV darauf geeinigt, dass die Zeiten in der Leistungsbeschreibung dem tatsächlichen Aufwand entsprechend angepasst würden. Das entspräche der Vorgabe des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG): Künftig solle der Zeitaufwand für die Therapiezeit und für die Vor- und Nachbereitung in der Leistungsbeschreibung ausgewiesen werden.

Verbände und GKV-SV hatten in der neuen Leistungsbeschreibung festgesetzt, dass eine Einheit Krankengymnastik künftig aus 20 Minuten Therapiezeit (+/- zehn Prozent Abweichung aus therapeutischen Gründen) und zusätzlich fünf bis zehn Minuten (im Durchschnitt 7,5 Minuten) für die Vor-, Nachbereitung und Dokumentation bestehen sollte. Der vertraglich vereinbarte durchschnittliche zeitliche Aufwand wäre damit von aktuell 20 Minuten auf 27,5 Minuten angestiegen (+38 Prozent).

Während der Verhandlung am 25. März 2021 habe der GKV-Spitzenverband angeboten, die Vergütung für eine Einheit Krankengymnastik mit 0,93 Euro pro Minute zu vergüten (27,5 Minuten x 0,93 Euro = 25,58 Minuten = + 21,17 Prozent) obwohl der zeitliche Aufwand gleichzeitig um 38 Prozent hätte steigen sollen. Das hätte folglich zu einer Absenkung des Minutenpreises geführt, was für die Verbände inakzeptabel gewesen sei – vor allem auch deshalb, weil die Krankenkassen gefordert hätten, dass die Vergütung damit abschließend als „angemessen“ gelten würde. Anstelle der angebotenen 0,93 Euro pro Leistungsminute wären mindestens 1,06 Euro pro Minute notwendig gewesen, um den Minutenpreis stabil zu halten. Um deutlich höhere Mitarbeitervergütungen zahlen zu können wäre, sei jedoch ein Minutenpreis von 1,20 Euro und höher erforderlich gewesen, erklären die Verbände .

Aktuell:
20 Minuten Krankengymnastik à 21,11 Euro (1,06 Euro pro Minute)

Angebot GKV-SV:
27,5 Minuten Krankengymnastik à 25,57 Euro (0,93 Euro pro Minute)

Kompromissvorschlag Verbände:
27,5 Minuten Krankengymnastik à 33,00 Euro (1,20 pro Minute)

Welche Regelungen gelten nun ab dem 1. April 2021?

Die Schiedsstelle habe mit dem Schiedsspruch vom 27. Januar 2021 festgesetzt, dass der Bundesrahmenvertrag mit den von der Schiedsstelle geschiedsten – zuvor strittigen – Vertragsregelungen am 1. April 2021 in Kraft tritt. Mit Ausnahme der Anlagen Vergütung und Leistungsbeschreibung gebe es einen Vertrag. Dieser beinhalte unter anderem neue Regelungen zur Zulassung, zur Fort- und Weiterbildung sowie zu erforderlichen Angaben auf der Verordnung und zu Änderungsmöglichkeiten. Die Verbände würden die Entscheidung der Schiedsstelle teilen, dass die konsentierten und geschiedsten Bestandteile zum 1. April 2021 in Kraft treten. Der GKV-Spitzenverband hingegen vertrete die Auffassung, dass der Rahmenvertrag nur in Verbindung mit einer neuen Leistungsbeschreibung und Vergütungsvereinbarung in Kraft tritt.

Zudem habe die Schiedsstelle mit ihrem Schiedsspruch festgesetzt, dass die Preise zum 1. April 2021 um 1,51 Prozent steigen werden. Diese Preissteigerung solle die Kostenentwicklung im Zeitraum 1. Juli 2019 bis 31. März 2021 abbilden. Zusätzlich hätten sich die Verbände und der GKV-SV in den jetzt gescheiterten Verhandlungen auf eine weitere Erhöhung der Vergütung unter Berücksichtigung der von der Schiedsstelle festgelegten Parameter verständigen sollen. Dazu sei es leider nicht gekommen.

Wann werden die neuen Regelungen des Bundesrahmenvertrags veröffentlicht?

Der GKV-SV habe den Verbänden jüngst eine redaktionell angepasste Fassung des neuen Bundesrahmenvertrags zugestellt. Die Verbände erklären,  diesen bereits bearbeitet und dem GKV-SV zurückgesandt zu haben. Sobald eine finale Fassung verfügbar sei, werde diese veröffentlicht.

Und wie geht es nun in puncto Vergütung weiter? Werden die Verbände rechtliche Schritte einlegen?

Das sei noch nicht final geklärt, heißt es in der Meldung. Alle vier maßgeblichen Verbände seien als Vereine organisiert. Die Vorstände könnten entsprechend weitreichende Entscheidungen nicht alleine treffen. Es sei eine Zustimmung der zuständigen Vereinsgremien nötig. So sei sichergestellt, dass der Vorstand im Sinne seiner Mitglieder handeln würde. Diese Abstimmungen würden derzeit in den vier maßgeblichen Verbänden laufen.

Parallel dazu werde rechtlich vorbereitend geprüft, welche Teile des Schiedsspruch beklagt werden. So sei es zum Beispiel möglich, den gesamten Schiedsspruch oder auch nur einzelne Komponenten zu beklagen. Die Verbände könnten also zum Beispiel dagegen klagen, dass einzelne Parameter durch die Schiedsstelle nicht ordnungsgemäß festgelegt worden seien. Die Verbände würden gerade verschiedene Möglichkeiten ausloten und  jeweils die Folgen für die weiteren Schritte und Erfolgsaussichten bewerten. Sofern sich die Gremien für eine Klage entscheiden würden, müsse diese spätestens am 8. April 2021 eingereicht werden.

Gleichzeitig wird die Eröffnung eines neuen Schiedsverfahrens geprüft.

Ist die Politik informiert?

Ja, die Verbände erklären, im kontinuierlichen Austausch mit den politischen Vertretern zu stehen. Öffentlich hätte beispielsweise der WebTalk mit Dr. Roy Kühne (CDU) stattgefunden. Doch auch im Hintergrund würden diverse Gespräche laufen. Die Verbände würden sicherstellen, dass die Politik aus erster Hand informiert ist. Das Thema stünde bei den Gesundheitspolitikern auf der Agenda.

Hintergrund: Was wollen die Verbände überhaupt erreichen?

Die Verbänden möchten die Bedingungen für Physiotherapie grundsätzlich verbessern. Dafür müsse nicht nur die Vergütung erhöht werden. Therapeuten müssten unter anderem auch mehr Zeit und Flexibilität bekommen, um ihre Patienten gut behandeln zu können. Denn das Wohl der Patienten stehe im Mittelpunkt.

Die Bundesregierung habe diesen Bedarf erkannt und im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) festgelegt, dass die Verhandlungspartner bundesweite Preise aushandeln sollen, die eine „leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung“ ermöglichen. Um festzustellen, welche Vergütung diese „leistungsgerechte und wirtschaftliche Versorgung“ ermöglichen kann, hätten die Verbände das unabhängige Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) beauftragt, eine Wirtschaftlichkeitsanalyse ambulanter Therapiepraxen (WAT-Gutachten) durchzuführen. Mit den daraus abgeleiteten Forderungen hätten die Verbände die Verhandlungen begonnen.

Hier findet ihr auch nochmals den WebTalk der vier maßgeblichen Verbände vom 3.3.2021

Quelle: IFK, Physio DeutschlandVDBVPT

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